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Wissen zum Thema Stress

2. Was passiert im Körper bei Stress?

Was passiert im Körper, wenn wir gestresst sind?

Prinzipiell funktioniert unser Körper heute noch wie zu Urzeiten. Im Lauf der Evolution hat sich ein spezifisches Programm körperlicher und psychischer Veränderungen entwickelt, um in Gefahrensituationen das Überleben zu sichern.

Dieses „biologische Stressprogramm“ hat die körperliche und psychische Aktivierung zum Ziel, damit wir in einer Gefahrensituation möglichst schnell flüchten oder kämpfen können.

Zu Urzeiten ergab das auch Sinn: Um vor wilden Tieren flüchten oder diese bekämpfen zu können, bedurfte es körperlicher Energiereserven. Heutzutage stressen uns jedoch eher Personalgespräche oder überquellende E-Mail Fächer. Dabei ist Flucht oder Kampf nur in den seltensten Fällen hilfreich. Doch auch während wir gestresst am Schreibtisch sitzen stellt unser Körper, wie schon zu Urzeiten, Energie zur Verfügung.

Wie wird die Stressreaktion auf körperlicher Ebene in Gang gesetzt?

Über unsere Sinneskanäle nehmen wir permanent Informationen aus unserer Umgebung auf. Diese Informationen werden in biologische Signale umgewandelt und an das Gehirn weitergeleitet. Das Gehirn ist unsere “Steuerungszentrale”. Dort werden die Signale innerhalb kürzester Zeit zu einem “inneren Bild” zusammengefügt und bewertet. Abhängig von der Bewertung initiiert das Gehirn entsprechende Reaktionen, indem es elektrische Nervenimpulse und chemische Botenstoffe (sog. Neurotransmitter) an Organe und Muskeln sendet. Diese Prozesse geschehen im Alltag permanent – meist ohne, dass wir das bewusst registrieren. Wird eine Situation als potentiell bedrohlich bewertet, wird die Stressreaktion in Gang gesetzt. An dieser sind hauptsächlich drei Hirnteile beteiligt: der Hirnstamm, das limbische System und die Großhirnrinde.

Einströmende Informationen werden zwischen diesen drei Gehirnteilen verarbeitet. Die Informationen laufen zuerst im Thalamus, der Teil des limbischen Systems ist, zusammen und werden von da an die Großhirnrinde weitergeleitet, wo eine genauere Informationsverarbeitung stattfindet. Dazu wird mit früheren Erfahrungen abgeglichen. Insbesondere solche, in denen wir negative Emotionen wie z.B. Angst und Hilflosigkeit empfanden, sind entscheidend für das Initiieren einer Stressreaktion. Im Thalamus gibt es jedoch bereits eine erste, schnelle rudimentäre Bewertung der Informationen. Wird hier eine Gefahr „entdeckt“, kann bereits eine unmittelbare Stressreaktion, (auch Aktivierung der ersten Stressachse genannt), ausgelöst werden. Vorteil dieser ersten Reaktion ist, dass diese besonders schnell vonstattengeht und direkt körperliche und emotionale Schutzreaktionen ausgelöst werden. Die Informationsverarbeitung in der Großhirnrinde liefert präzisere Einschätzungen, ist aber deutlich langsamer.

Körperliche Veränderungen im Stress

Zur ersten Schutzreaktion gehören die Aktivierung aller für die Bewältigung einer Flucht-/ Kampfsituation wichtigen Körperfunktionen. Regenerative und reproduktive Körperfunktionen (z.B. Verdauung, Wachstum, Sexualität) hingegen werden gehemmt, da diese fürs unmittelbare Überleben nicht notwendig sind. Es kommt zu vielen Veränderungen, die in der untenstehenden Grafik näher beschrieben sind.

Muskulatur Muskulatur Stoffwechsel Stoffwechsel Sexualität Immun-system Schmerz-empfinden Gehirn Atmung Herz-Kreislauf-system

Muskulatur

Muskulatur: Der Körper bereitet sich auf Muskelarbeit vor. Die Durchblutung wird verbessert, damit die Muskeln besser mit Sauerstoff und Fetten (Energiebereitstellung) versorgt sind. Die Muskelspannung ist erhöht. Der Schultergürtel wird oft hochgezogen, um den Hals zu schützen. Aber auch der Bauch ist angespannt, um die Eingeweide zu schützen. Motorische Reflexe werden schneller ausgelöst. -Wir sind bereit für Flucht oder Kampf

Muskulatur

Muskulatur: Der Körper bereitet sich auf Muskelarbeit vor. Die Durchblutung wird verbessert, damit die Muskeln besser mit Sauerstoff und Fetten (Energiebereitstellung) versorgt sind. Die Muskelspannung ist erhöht. Der Schultergürtel wird oft hochgezogen, um den Hals zu schützen. Aber auch der Bauch ist angespannt, um die Eingeweide zu schützen. Motorische Reflexe werden schneller ausgelöst. -Wir sind bereit für Flucht oder Kampf

Stoffwechsel

Der Stoffwechsel stellt sich auf Energieverbrauch ein: Zucker und Fette werden vermehrt ins Blut abgegeben, um ausreichend Energie bereitzustellen. Speichelfluss und Verdauungstätigkeit werden gehemmt. Das bemerkt man häufig an einem trockenen Mund, Harn-&/ Stuhldrang bis hin zu Durchfällen. Der Körper entledigt sich überflüssigen Ballasts, um schneller zu sein.

Durch die Energieproduktion wird Wärme erzeugt. Damit wir nicht überhitzen schwitzen wir vermehrt, vor allem an Händen, Achseln und der Stirn.

Stoffwechsel

Der Stoffwechsel stellt sich auf Energieverbrauch ein: Zucker und Fette werden vermehrt ins Blut abgegeben, um ausreichend Energie bereitzustellen. Speichelfluss und Verdauungstätigkeit werden gehemmt. Das bemerkt man häufig an einem trockenen Mund, Harn-&/ Stuhldrang bis hin zu Durchfällen. Der Körper entledigt sich überflüssigen Ballasts, um schneller zu sein.

Durch die Energieproduktion wird Wärme erzeugt. Damit wir nicht überhitzen schwitzen wir vermehrt, vor allem an Händen, Achseln und der Stirn.

Sexualität

Sexualität: Das sexuelle Verlangen ist reduziert. Die Geschlechtsorgane werden weniger durchblutet und wir sprechen auf sexuelle Reize weniger an. Die Hoden produzieren weniger Spermien und der weibliche Zyklus kann gestört sein.

Immun-system

Immunsystem: Im akuten Stress steigen die Abwehrzellen im Blut an, um zum Beispiel Fremdkörper, die über offene Wunden in den Körper gelangen, möglichst schnell unschädlich zu machen. Diese Immunfunktionen werden jedoch schnell (nach 30-60min) wieder gehemmt, damit es nicht zu allergischen Reaktionen und Entzündungen kommt. Auf Dauer tritt der eher gegenteilige Effekt ein und wir werden anfälliger für Infekte.

Schmerz-empfinden

Schmerzempfinden: Kurzfristig kommt es zu einer verminderten Schmerzempfindlichkeit, da der Körper eigene Schmerzhemmer (Endorphine) ausschüttet. Unsere Endorphinspeicher sind jedoch begrenzt. Daher werden wird bei länger andauernden Belastungen sogar schmerzempfindlicher.

Gehirn

Das Gehirn wird besser durchblutet, damit wir möglichst wach und fokussiert sind. Umgebungsreize werden schnell registriert und verarbeitet, um potenziell bedrohliche Veränderungen mitzubekommen. Das Abrufen gespeicherter Gedächtnisinhalte wird schwieriger, da das bei Flucht oder Kampf nicht unmittelbar relevant ist.

Atmung

Die Atmung wird schneller und flacher, damit der Körper besser mit Sauerstoff versorgt wird.

Herz-Kreislauf-system

Herz-Kreislaufsystem: Der Blutdruck und der Puls steigen. Herz, Gehirn und Muskeln werden besser durchblutet, während sich die Hautgefäße der Körperperipherie, des Verdauungstraktes und der Haut verengen, da diese Organsysteme in Gefahrensituationen nicht unmittelbar relevant sind. Daher werden diese vorübergehend weniger priorisiert. Oft spürt man das an kalten Händen und Füßen.

Die zwei Stressachsen

Grundsätzlich haben wir zwei Stressachsen, die im Zuge der Stressreaktion aktiviert werden können.

Warum kann Stress krank machen?

Grundsätzlich handelt es sich bei der körperlichen Stressreaktion um einen normalen biologischen Vorgang,
der per se NICHT gesundheitsschädlich ist!

Die alleinige körperliche Stressaktivierung hat keine negativen Konsequenzen für die Gesundheit. Doch warum heißt es dann stets, dass Stress krank machen kann? Die körperliche Aktivierung an sich ist nicht problematisch. Erst wenn diese dauerhaft bestehen bleibt, kann es zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen.

Im Folgenden sind Gründe dargelegt, aus denen Stress potenziell krank machen kann.

Stressmanagement

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Erfahren Sie hier was Stress definiert und welche Komponenten Stress umfasst.

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Selbstfürsorge

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Kaluza, G. (2018). Gelassen und sicher im Stress. Das Stresskompetenz-Buch: Stress erkennen, verstehen, bewältigen (7.Aufl.). Springer.

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